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Lasst uns die Stundenpläne unserer Kinder über Bord werfen!

von Anna Kaiser und Michael Pachmajer

Rückblick 2020. Das Jahr der Corona-Krise. Geprägt durch den Lockdown, Social Distancing, die AHA-Regeln, Krisenstäbe und viel Unsicherheit, aber auch vom solidarischen Miteinander, etlichen kreativen Lösungen, einem Digitalisierungsschub, vielen nachhaltigen Zukunftsinitiativen und ersten zaghaften Signalen, mehr Geld in systemrelevante Bereiche zu investieren. Mit dem Lockdown im Frühjahr bekamen auch die Themen Schule und Bildungsgerechtigkeit endlich die verdiente Aufmerksamkeit. Nie zuvor haben wir so intensiv über die Vermeidung von Schulschließungen, die Mehrbelastung von Lehrer*innen und Eltern, die Möglichkeiten von Hybridunterricht und eine nicht ausreichende technische Ausstattung öffentlich nachgedacht und diskutiert. Passiert ist wenig. Und was bisher kaum diskutiert wurde, ist der kulturelle Wandel, den unser Schulsystem so dringend braucht. Kaum jemand mit Entscheidungsmacht in diesem Bereich stößt eine hörbare und sichtbare Debatte an über neue Kompetenzen und Fertigkeiten, die Schüler*innen und Lehrer*innen so dringend im digitalen Zeitalter brauchen. Zeit, das zu ändern!

Beim gemeinsamen Reflektieren fällt unser Blick auf den Stundenplan unserer Kindern. Die Unterrichtsfächer haben sich, verglichen mit unserer Schulzeit, wenig geändert. Zwar arbeiten Schulen heute in vielen Bereichen anders als zu unserer Schulzeit. Gerade reformpädagogische Vorzeigeschulen sind den meisten Schulen in puncto Zukunftsorientierung weit voraus und haben die starre Fächerstruktur in Werkstätten, Fachbüros, Projekttage, SoL (selbstorganisiertes Lernen) und in das Fach “Leben” überführt. Das ist ein wichtiger Schritt. Aber ein zu kleiner, denn die Lerninhalte orientieren sich immer noch an dem fachlichen Kompetenzraster der einzelnen Fächer für die jeweilige Jahrgangsstufe. Sollte das so bleiben? Wir glauben nicht.

Wir sind davon überzeugt, dass die zunehmende Digitalisierung unseres Lebens, die Veränderungen hin zu einer nachhaltigen und klimaneutralen Wirtschaftsweise, die Folgen des Klimawandels und die Förderung der Demokratie weitere Fähigkeiten von unseren Kindern verlangen, die sie in der Schule beigebracht bekommen müssen. Fähigkeiten, die sie im Umgang mit Transformationen brauchen. Fähigkeiten, damit sie ihre und unsere Zukunft besser gestalten können. 

In den vergangenen Jahren haben wir beide an der Identifikation und Ausgestaltung genau dieser Fähigkeiten gearbeitet, sowohl im Kontext von Unternehmen als auch im Bereich des öffentlichen Sektors. Dabei zeigte sich vor allem eines: beim Thema Digitalisierung sind wir alle wieder Schüler*innen. Wir alle lernen kontinuierlich dazu und müssen unseren Weg in einer digitalen, global-vernetzten Welt finden. Wir müssen neue Fähigkeiten lernen und brauchen dafür Vorbilder, die bereits neue Wege erprobt, verworfen oder für gut befunden haben. Vernetzung und Kollaboration auf Augenhöhe sind dabei die zentralen Handlungsweisen. Denn die großen Fragen dieser Zeit kann niemand allein beantworten – kein CEO, keine Kanzlerin, keine Professorin, kein Forscher. Aber wir alle können voneinander lernen. Und: gemeinsam mit unseren Kindern in eine Zukunft hineinwachsen, von der wir heute noch nicht genau wissen, wie sie aussehen wird. Das heißt nicht, dass wir die Hände in den Schoß legen und abwarten, was auf uns zukommt. Im Gegenteil: Wir und unsere Kinder brauchen Kompetenzen, die uns helfen, uns in einer sich ständig verändernden Welt nicht nur zurechtzufinden, sondern sie aktiv mitzugestalten. Deshalb schreiten wir zur Tat, werfen den Stundenplan unserer Kinder über Bord und entwerfen einen Stundenplan mit neuen Fächern – auf der Grundlage von Mut, Herz und offenem Denken.

Wir brauchen ein Fach
“Utopie”

Wir stellen fest, es gibt in vielen Unternehmen keine Vorstellung von der Zukunft. Zu sehr wurde sich in den letzten Jahren mit der Optimierung des Bestehenden, den etablierten Geschäftsmodellen, beschäftigt. Menschen in Organisation tun das, womit sie sich am besten auskennen. So verharren sie lieber in der eigenen Komfortzone, statt disruptive Geschäftsmodelle zu entwickeln oder neue Produkte und Services für eine nachhaltige Wirtschaftsweise zu schaffen. Innovation gelingt aber nur, wenn wir immer wieder aus unserer Komfortzone heraustreten. Und ein gemeinsames Bild, wie die Zukunft aussehen wird, hilft uns dabei. 

Zukunftsbilder haben für eine Gesellschaft, ein Unternehmen, eine Organisation die Aufgabe, den Bürger*innen, Kund*innen und Mitarbeiter*innen Orientierung zu geben. Diese Bilder zu zeichnen, ist die vornehmlichste Aufgabe von Politiker*innen, Unternehmenslenker*innen und Firmeneigentümer*innen. Das Problem ist: Sie haben das Zeichnen unter dem Einfluss des Überflusses verlernt. Rutger Bregman schreibt in seinem Buch “Utopien für Realisten” sehr treffend: “Das Land des Überflusses ist in Nebel gehüllt. (…) Wir haben keinen neuen Traum (…) weil wir uns keine bessere Welt als die vorstellen können, in der wir heute leben.” Viele Menschen unserer Generation meinen, dass es ihren Kindern in Zukunft schlechter gehen wird als uns. Einige entscheiden sich sogar ganz bewusst gegen Kinder, aus Angst vor einer schlimmen Zukunft. Dabei leben wir faktisch in einer Zeit, in der Wohlstand und Gesundheit  historisch betrachtet auf dem höchsten Stand sind. Mit Luft nach oben! Wenn wir es schaffen, uns von der Logik des Marktes zu lösen und Fortschritt nicht an materiellem Wohlstand zu messen, sondern an einem guten, sinnerfüllten Leben, ist noch unendlich viel möglich. Und wer könnte eine bessere, unvoreingenommenere, bunte, wilde, optimistische Vorstellung von einem guten Leben zeichnen, wenn nicht unsere Kinder? Das Beste, was Schulen machen können, ist gemeinsam mit ihnen das Zeichnen von Zukunftsbildern zu erlernen und damit ihre Vorstellungskraft zu fördern. Denn nur wenn wir uns eine bessere Welt vorstellen können, können wir sie auch gestalten. Es geht um die Fragen nach dem WARUM und WOZU, deren Beantwortung für Erwachsene und Kinder gleichermaßen wichtig ist, um entsprechendes Handeln, also das richtige WAS und WIE anzuschieben. Nur wenn wir uns erlauben, eine bessere Welt zu denken, können wir nach ihr streben und dafür eintreten. Lasst uns das Fach “Utopie” jetzt auf den Stundenplan setzen! 

Wir brauchen ein Fach
“Selbstwirksamkeit”

Menschen, die es gewohnt sind, selbst Entscheidungen zu treffen, Dinge auszuprobieren und die Folgen ihres eigenen Tuns zu spüren, machen auch unter veränderten Bedingungen weiter – nur eben anders. Viele Solo-Selbstständige und Unternehmer*innen aus der Kreativszene, haben während er Corona-Krise binnen Tagen neue Geschäftsmodelle aus dem Boden gestampft. Beim #WirVsVirus-Hackathon haben 27.000 Teilnehmende selbstmotiviert und unbezahlt innerhalb von 48 Stunden gemeinsam mit Menschen, die sie bis dato nicht kannten und bis heute nicht persönlich getroffen haben, neue Unternehmen gegründet. Diese Beispiele allein zeigen, was alles möglich ist, wenn wir uns selbst und unsere Veränderungskompetenz spüren. Das Gefühl, es selbst in der Hand zu haben, ist eine der wichtigsten Erfahrungen, die unsere Kinder machen können. Und sie ist eng verknüpft mit digitaler Bildung. Nach wie vor gibt es große Widerstände von Eltern und Lehrer*innen, die beim Wort “Digitalisierung” abwinken, nach dem Motto: “Mein Kind verbringt schon genug Zeit vor dem Handy.” Mit Sicherheit tun Kinder und Jugendliche das, aber vor allem in konsumierender Haltung. Der entscheidende Schritt ist, sie in eine gestalterische Haltung zu versetzen, ihnen zu zeigen, dass sie Technologie nicht nur nutzen können, um sich unterhalten zu lassen, sondern um selbst mitzugestalten, kreative Inhalte zu erstellen, ihre Ideen umzusetzen, ihre Gedanken zu teilen, andere Menschen für die eigenen Ideen zu begeistern, sich für eine Sache stark zu machen, usw. Es ist Aufgabe der Schule, Kindern diese neue Erfahrungswelt, in der sie Selbstwirksamkeit auch im Umgang mit Technologie spüren, zu erschließen. Viele Gründer*innen und Selbstständige machen diese Erfahrungen ganz selbstverständlich: 

  • Ich habe es in der Hand. 
  • Ich kann mitgestalten. 
  • Was ich tue, hat einen Impact. 
  • Wenn ich etwas nicht weiß, kann ich einfach jemanden fragen. 
  • Wenn A nicht funktioniert, probiere ich eben B. 
  • Ich mache Fehler und das ist ok. 
  • Ich kann immer und überall lernen.

Wecken wir den Gründergeist in unseren Kindern! Und das nicht erst mit 16 oder 18 oder 20 Jahren, sondern bereits in den Kitas und Grundschulen. Wir brauchen das Fach “Selbstwirksamkeit”, jetzt!

Wir brauchen ein Fach
“Gegenwart”

Wie wir heute handeln, hat Auswirkungen auf unsere Zukunft. Das erleben wir immer wieder, wenn wir etwas bauen, bei Maßnahmen für mehr Klimaschutz, wenn wir neue Technologien fördern oder unser Schulsystem reformieren. Wir treffen heute eine Entscheidung in einem bestimmten Kontext, unter den derzeitigen Gegebenheiten, und müssen gleichzeitig die langfristigen Folgen mitdenken, ohne das Risiko für eine fortschrittliche, mutige oder visionäre Entscheidung zu scheuen.

Unsere Kinder müssen lernen, ein Gefühl für den Kontext zu entwickeln, in dem sie leben und aktiv sind. Sie brauchen Räume und Methoden, um die Gegenwart bewusst wahrnehmen zu können. Denn jede Entscheidung, die wir heute treffen, wirkt sich auf unser Umfeld und den Lauf der Welt aus. Und Entscheidungen, die kollaborativ und partizipativ getroffen werden, können noch einmal eine ganz andere Kraft und Dynamik entfalten. Es geht um Ursachen und Wirkungen in einer komplexen Welt und von der Verknüpfung des “Hier und Jetzt” mit einer Zukunft, wie wir sie uns wünschen und gestalten wollen. Wir brauchen in der Schule das Fach “Gegenwart”!

Wir brauchen ein Fach
“Vernetzung”

Vernetzte Unternehmen und Gesellschaften sind tendenziell widerstandsfähiger gegenüber ungeplanten Ereignissen. Bei der Entwicklung neuer Ideen und bei der Lösung komplexer Fragestellungen brauchen wir die Schwarmintelligenz der Vielen. So kommen wir viel schneller zu besseren Ergebnissen. Unternehmen neuen Typs sind wie kleine Ökosysteme mit unzähligen Fühlern, die ganz unterschiedliche Schwingungen, aber auch Wissen und vielfältige Erfahrungen in die Weiterentwicklung des Systems einbringen und es so auch unter veränderten Bedingungen handlungsfähig und lebendig halten. Und die Veränderungen werden kommen, verursacht durch Klimaveränderungen, technischen Fortschritt oder eben unvorhersehbare Pandemien. 

Damit Netzwerke erfolgreich wirken können, müssen sie auf Gegenseitigkeit und Vertrauen aufgebaut sein. Kollaboration schlägt Konkurrenz. Statt permanent zu gucken, wer die besseren Noten hat, den besseren Job, die höhere Position, sollten wir wann immer möglich unsere Hilfe anbieten, unser Wissen, unsere Fähigkeiten und Learnings mit anderen teilen, sodass alle gemeinsam wachsen können. Hierfür brauche wir bereits in der Schule andere Bewertungssysteme, die nicht dazu motivieren, sich ständig miteinander zu vergleichen und sich gegeneinander abzugrenzen, sondern die ermutigen, die jeweiligen Stärken anzuerkennen und uns komplementär miteinander zu einem Ganzen zu verbinden. Wir brauchen in der Schule das Fach “Vernetzung”.

Wir brauchen ein Fach
“Teamplay”

Die Aufgaben, die wir heute und morgen lösen müssen, werden immer komplexer. Einfache Antworten gibt es nicht. Kein Lehrer, keine Führungskraft, keine Top-Managerin und kein Spitzenpolitiker kann im Alleingang die besten Lösungen finden. Eine Vielfalt an Kompetenzen und Perspektiven und daraus folgend die Zusammenarbeit in selbstorganisierten Teams mit dynamischen, sich organisch entwickelnden Hierarchien ist so wichtig wie nie zuvor. Rolle schlägt Stelle, Kompetenz schlägt formale Position in der Hierarchie-Pyramide, sprich, der oder diejenige führt das Team, der*die über die höchste Kompetenz für die Erledigung einer bestimmten Aufgabe verfügt. Gerade bei der Beschäftigung mit digitalen Themen im Unterricht kann das auch dazu führen, dass ein*e Schüler*in zum Lehrer bzw. zur Lehrerin wird und umgekehrt. Wir müssen uns von der Vorstellung lösen, dass Lehrer*innen alles wissen müssen, gerade im Bereich Digitalisierung. Erlauben wir ihnen, zu probieren, Fehler zu machen und selbst wieder zu Lernenden zu werden. Das ist die digitale Haltung, die wir jetzt brauchen! 

Gerade unter dem Einfluss von Technologie, müssen wir noch viel stärker lernen, uns in unser Gegenüber hineinzuversetzen, empathisch zu sein, die anderen Perspektiven verstehen zu wollen. Wir müssen lernen, Widersprüche auszuhalten, zu moderieren und zu übersetzen. Nur dann sind wir zu maximal kreativer und agiler Problemlösung in der Lage. Wir brauchen in der Schule das Fach “Teamplay”.

Wir brauchen ein Fach
“Haltung”

Wie wir in Unternehmen zusammenarbeiten, wie wir in unserer Gesellschaft oder in einem gemeinsamen Europa zusammenleben hängt maßgeblich von unserer Haltung ab. Zu sagen, dass Freiheit, Gleichheit und Solidarität für alle Menschen in der Welt gelten müssen, ist eine Frage der Haltung. Zu erkennen, dass wir in den hochentwickelten Industriestaaten für den Klimawandel verantwortlich sind, dessen Auswirkungen vor allem die ärmeren Menschen in anderen Teilen der Welt spüren, ist das eine. Daraufhin mehr als alle anderen in Klimaschutzmaßnahmen zu investieren und das eigene Konsumverhalten und die eigene Wirtschaftsweise jetzt zu verändern, ist eine Frage der Haltung. Wir brauchen den Blick über den eigenen Tellerrand. Ein “Das haben wir nicht gewusst” ist in einer vernetzten Welt nicht hinnehmbar. Wir leben in einer Wissens- und Informationsgesellschaft. Daraus ergibt sich Verantwortung. Wir müssen uns fragen, warum wir nach wie vor auf ein Wirtschaftsmodell setzen, das auf unbegrenztes Wachstum ausgerichtet ist, obwohl wir um die begrenzten Ressourcen unseres Planeten wissen. Wir haben Technologien, die es uns ermöglichen, Informationen binnen Sekunden zu teilen, uns mit Personen am anderen Ende der Welt zu jeder Zeit auszutauschen und unseren Wocheneinkauf per Klick an die Haustür liefern zu lassen – und arbeiten so lange und so viel wie nie zuvor. Wir haben digitale Tools, mit denen wir unkompliziert mit Menschen in Kontakt treten können, die Zusammenarbeit auf Augenhöhe auch im Arbeitskontext möglich machen, die es theoretisch jedem und jeder erlaubt, mitzureden und mitzugestalten – und schaffen es nicht raus aus unseren Elfenbeintürmen und Silos. Warum? Weil es uns an Haltung fehlt. Noch immer messen wir uns viel zu stark am Außen, an den anderen, am Markt – höher, schneller, weiter. Doch was für eine Wissensgesellschaft ist das, die das vorhandene Wissen nicht nutzt, um daraus Handlungen für ein gutes Leben abzuleiten? Wir brauchen eine Haltung, in der ein besseres Leben für alle Menschen der Maßstab ist, und nicht der Anspruch, Marktführer in irgendetwas zu sein. So entsteht Fortschritt in einer Welt des Überflusses. Wir müssen unseren Kindern – auch im schulischen Kontext – beibringen zuzuhören, hinzuschauen, ihre Handlungen bewusst zu reflektieren und eine Haltung zu entwickeln, die das Große Ganze stärker in den Blick nimmt als den eigenen kurzfristigen Nutzen. Wir müssen lernen Diskurse zu führen und Resonanzräume zu schaffen, um Haltung zu gewinnen. Wir brauchen in der Schule das Fach “Haltung”.

Wir brauchen ein Fach
“Kämpfen”

Menschen, die nicht nur das Bestehende verwalten, sondern Dinge verändern wollen, müssen früh lernen, gegen den Strom zu schwimmen. Sie müssen die Fähigkeit besitzen, auch dann an ihre Vision zu glauben, wenn diese Widerstand auslöst. Sie müssen lernen damit umzugehen, dass für manche Ideen die Zeit noch nicht reif ist, und sich dennoch nicht entmutigen lassen. Um Ideen in den Köpfen und Herzen anderer zu verankern, braucht es zudem Begeisterungsfähigkeit. Nur wer für eine Sache brennt, kann das Feuer auch bei anderen entfachen. Und “die Anderen” brauchen wir bei der Umsetzung unserer Ideen, für demokratische Mehrheiten oder bei der Organisation von Bewegungen.

Wir müssen lernen, wie wir Standpunkte einnehmen, ohne verbohrt zu sein. Denn auch Ideen, die wir selbst ursprünglich als “das nächste große Ding” gedacht haben, dürfen und müssen sich verändern, wenn wir sie in die Welt tragen. Gleichzeitig müssen wir lernen, es auszuhalten, dass wir es nie allen recht machen werden. In diesem Zusammenhang ist es sinnvoll, unsere Kinder schon sehr früh in Konfliktfähigkeit und im Umgang mit Frustration zu schulen. Der Mut zu Konflikten ist wichtig. Reibung erzeugt Energie und davon brauchen wir jede Menge, um gegen den Widerstand der ewigen Bewahrer des Status quo eine bessere Zukunft zu gestalten. Wir brauchen in der Schule das Fach “Kämpfen”.

Die aktuelle Krise spült tiefgreifende Fehlentwicklungen in unserer Gesellschaft wiederholt und in aller Deutlichkeit an die Oberfläche. Auch im 20. Jahr nach dem „Pisa-Schock“ hängt der schulische Erfolg in Deutschland von der sozialen Herkunft ab. Kinder mit Migrationshintergrund oder aus Arbeiterfamilien haben eine viel geringere Chance, einen guten Schulabschluss zu machen. Die frühe Selektion und die Aufteilung in verschiedene Schultypen führen dazu, dass leistungsstarke und leistungsschwache Schüler*innen getrennt werden, statt von- und miteinander zu lernen und sich als Gemeinschaft wahrzunehmen. In der Schule gilt nach wie vor “Konkurrenz statt Kollaboration” – und das, obwohl uns das (Arbeits)Leben längst eines Besseren belehrt hat. 

Krisen sind oft der Ausgangspunkt für Transformationen. Erst in der Krise spüren wir plötzlich echte Betroffenheit und sind bereit, uns zu verändern und neue Wege zu gehen. Lasst uns die aktuelle Krise nutzen und endlich Schulen entwickeln, in denen unsere Kinder die besten Versionen ihrer selbst werden können. In denen sie lernen, sich Dinge wieder vorzustellen, und wo sie ermutigt werden, ihre Ideen von einer besseren Zukunft mutig in die Tat umzusetzen – unternehmerisch, politisch, sozial, alles zusammen, aber in jedem Fall als empathische, weltgewandte und offene Menschen, die sich als Teil eines Großen Ganzen verstehen. Wenn wir wollen, dass unsere Kinder neue Zukunftsbilder zeichnen, müssen wir ihre Stundenpläne neu schreiben. Fangen wir heute damit an! 




Anna Kaiser, Co-Founder & Co-CEO Tandemploy, Mitglied im Beirat „Junge Digitale Wirtschaft” des Bundeswirtschaftsministeriums und im „Ethikbeirat HR-Tech“, Vizepräsidentin des Bundesverband Digitale Wirtschaft e.V. Ursprünglich hat Anna Grundschullehramt studiert und ihr Herz schlägt nach wie vor für bildungspolitische Themen.

www.tandemploy.com

Michael Pachmajer, Co-Founder & Geschäftsführer d.quarks, Sparringspartner für die unternehmerische und gesellschaftliche Transformation, Autor, Podcaster, Dozent an der Goethe Business School. Ehemaliges Mitglied im Stadtelternbeirat Frankfurt und sechs Jahre lang Vorsitzender des Schulelternbeirats der IGS Nordend in Frankfurt, einer reformpädagogischen und inklusiv arbeitenden integrierten Gesamtschule.

www.dquarks.com



Die Idee für diesen Artikel entstand am Ende unseres Podcasts „Der Moment der Wahrheit – Menschen machen Digitale Transformation“ (Link: https://spoti.fi/37A2iQF). In der Zusammenfassung unseres Gesprächs erkannten wir, dass wir die ganze Zeit über die Kompetenzen und Fertigkeiten gesprochen haben, auf die es in Zukunft ankommen wird. Auf Fähigkeiten, die unsere Kinder heute lernen müssen. Und zwar in der Schule. Also gestalteten wir einen Stundenplan mit neuen Schulfächern. 

Wer wissen will, wie wir zu den neuen Schulfächern kamen. Hört rein! Den Podcast könnt ihr überall dort hören, wo es Podcasts gibt.


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